Von Elias Meier, erschienen im JCVP-Magazin Jmpuls Ausgabe 2-2018
Wenn man gefragt wird, einen Artikel über Fairness im Sport zu verfassen, wäre es wohl naheliegend, über Gelbe Karten, Fouls und Videobeweise zu schreiben. Doch Fairness ist eben nicht nur das Einhalten von Regeln, sondern hat viele weitere Facetten.
Konrad Stäheli ist der erfolgreichste Schweizer Sportler aller Zeiten; zumindest wenn man der entsprechenden Liste auf Wikipedia glaubt. Und trotzdem werden sich die meisten beim Lesen seines Namens wohl fragen: «Wer ist Konrad Stäheli und weshalb soll er erfolgreicher gewesen sein als die lebende Legende Roger Federer?»
Paris, wir schreiben das Jahr 1900, Konrad Stäheli verlässt den Schiesstand nach dem 300m kniend Schiessen. Er hat soeben seine erste olympische Goldmedaille gewonnen; eine von vielen, wie sich später herausstellen sollte. Stäheli gewann an diesen Spielen insgesamt drei Goldmedaillen sowie eine Bronzemedaille, und da diese Olympischen Spiele ebenfalls als Weltmeisterschaften gewertet wurden, zählten die Medaillen zu den weiteren 38 goldenen, 17 silbernen und 10 bronzenen Medaillen, welche er bei Weltmeisterschaften zwischen 1898 und 1914 gewann. Beim Schiessen auf lebendige Tauben, welches an den Olympischen Spielen 1900 in Paris das einzige Mal durchgeführt wurde, trat Konrad Stäheli übrigens nicht an.
Den Erfolg eines Sportlers lässt sich an den errungenen Siegen oder gewonnenen Medaillen messen. Doch die Wertschätzung oder Bekanntheit, welche eine Sportlerin oder ein Sportler erfährt, hat viele verschiedene Ursprünge. Wie viele Fans jubeln einem beim Wettkampf zu? Wurde das Geleistete im nationalen Fernsehen gezeigt? Wie hoch ist das Preisgeld, welches bei einem Sieg winkt? Welche Sponsoren klopfen nach einem Erfolgt mit einem Werbedeal an? Winkt am Folgetag die Titelseite in allen Zeitungen, oder wird es eine Randnotiz auf Seite 23?
Die Relevanz einer Leistung fängt bei der Sportart an. Wer in der Schweiz mittels Sport regelmässige Anerkennung sucht, tut gut daran, sich dem Fussball, Radsport, Tennis oder Skifahren zu widmen. Denn obwohl die Schweiz zu den erfolgreichsten Nationen im Curling, Orientierungslauf oder Gleitschirmfliegen gehört, sind diese Sportler bestenfalls alle paar Jahre einmal im Rampenlicht.
Auch die investierte Zeit und Energie sind zweitrangig, wenn es darum geht eine sportliche Leistung zu bewerten. Ob ein Athlet über Jahre hinweg den eigenen Körper unter strengster Diät stählen muss, um einen Iron Man zu gewinnen, oder aber mit viel Talent und guten Augen zum besten Darts Spieler avanciert, ist, ohne dies werten zu wollen, bezüglich Aufwand wohl ziemlich unterschiedlich. Auf die Preisgelder, welche einem mit dem jeweiligen Aufwand winken, hat dies aber wiederum kaum Einfluss. Das Preisgeld für einen Gewinn des prestigeträchtigen IRONMAN Hawaii beträgt 120’000 USD, der Weltmeister im Darts erhält 160’000 USD.
Ist es fair, dass über Erfolg und Wertschätzung nicht (nur) die eigene Leistung, gemessen an den eigenen Möglichkeiten, entscheidet? Wohl eher nicht.
Es ist wie im echten Leben. Erfolg lässt sich schwer definieren. Für die einen ist es ein grosser persönlicher Erfolg, bei einem Marathon ins Ziel zu kommen. Für die anderen sind es die ersten Schritte, welche man nach einem Unfall wieder gehen kann. Und oftmals werden im Leben nicht diejenigen mit Wertschätzung belohnt, welche den grössten Einsatz leisten, sondern diejenigen, welche am lautesten schreien.