Zur C-Diskussion – Eine CVP ohne C ist durchaus denkbar

Von Elias Meier für das JCVP-Magazin Jmpuls

Kontinuierliche Veränderung
Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP), in den 1950er Jahren durch den Amerikaner William E. Deming in Japan entwickelt, ist in jedem Unternehmen bekannt, welches sich mit Qualitätsmanagement beschäftigt. Der Name ist Programm: Man soll sich als Firma kontinuierlich verbessern. Voraussetzung dafür ist der Wille, sich zu verändern und dafür die notwendigen Mittel bereitzustellen. Bei einem ehemaligen Arbeitgeber von mir nannte man dies schlicht “IBW – Immer besser werden”. Selbstverständlich gibt es auch hier eine gewisse Anzahl Parallelen, welche man zwischen Privatwirtschaft und Politik schlagen kann und sollte. Dennoch sei mir hinsichtlich der Lage der CVP, die etwas ketzerische Frage erlaubt:
Hätte eine Firma, welche seit über 50 Jahren rote Zahlen schreibt und auf die halbe Grösse geschrumpft ist, noch eine Daseinsberechtigung?

Der Name der CVP hat sich im Laufe der Jahre verändert: Aus dem Ruswiler Verein (weder C noch K) wurden die KatholischKonservativen (ein K, noch kein C), daraus die Schweizerische Konservative Volkspartei (kein Kath. mehr, kein C), daraus die Konservativ-Christlichsoziale Volkspartei (ein C) und erst dann wurde man zur CVP. Ich wage zu behaupten, diese Veränderungen hat es gebraucht um politisch erfolgreich zu werden und zu bleiben. So fest ich Rusmu auch mag, als Ruswiler Verein hätten wir wohl nie einen derart hohen Stellenwert in der Schweizer Politlandschaft erreicht. Und nun steht meiner Meinung nach, die nächste namentliche Veränderung an.

Ohne C erfolgreich
Dass man auch ohne C erfolgreich sein kann, zeigen unsere Schwesterparteien in anderen Ländern. Nehmen wir als Beispiel die Österreichische Volkspartei (ÖVP), welche aus der Vorgängerpartei Christlichsoziale Partei (CS) entstand. Auch nach dem Namenswechsel blieb die Nähe zur katholischen Kirche durch Personal oder Sozialstruktur erhalten. Der Fokus wurde jedoch auf eine Art bürgerliche Sammelpartei der Mitte gelegt, was sich im Namen ÖVP schlicht besser widerspiegelte. Obwohl der religiöse Bezug aus dem Namen verschwand, um der konsequenten Trennung von Kirche und Staat Rechnung zu tragen, ist die ÖVP bis heute mit christdemokratischen Werten verbunden. Sie ist auf europäischen Ebene Teil der Europäischen Volkspartei (EPP), welche sich als Christdemokraten verstehen (auch ohne C) und welchen auch die CVP angehört. Und die ÖVP erlebt derzeit, unter Bundeskanzler Sebastian Kurz, einen regelrechten Aufschwung.

Werte bleiben
Was sich bei all den Namenswechseln nicht verändert hat, sind die christlichen  Werte. Die CVP definiert diese Werte als: Freiheit und Solidarität, Wohlstand und Gerechtigkeit, Souveränität und Offenheit, Menschenwürde und Fortschritt. (Quelle: cvp.ch)

Diese (christlichen) Werte sind mir persönlich sehr wichtig. Sie sind das Fundament, auf welches ich mein Leben und mein politisches Engagement baue. Ich sehe es ähnlich (es da aber gleich) wie Stephan Jütte der Reformierten Kirche Zürich, der in einem Blogbeitrag auf reflab.ch schrieb: «Es gibt keine christlichen Antworten auf politische Fragen. Sondern Christ*innen, die sich als Menschen, als Teil der Öffentlichkeit, politisch engagieren und einmischen.»

Aber dürfen wir also diese Werte in der heutigen Zeit noch (nur) für uns beanspruchen? Sind es noch ausschliesslich christliche Werte oder nicht eher humanitäre oder abendländische Werte?

Es gibt viele Menschen, welche weder an Gott glauben noch einer Religion angehören, diese Werte aber ebenfalls achten, teilen und leben. Deshalb sind es auch nicht die Werte, welche in Frage gestellt werden sollten. Diese sind indiskutabel und noch immer hochrelevant! Zur Diskussion steht, ob wir uns und unsere wertebasierte Politik durch eine Namensänderung nicht auch denjenigen öffnen müssen, welche nichts mit Religion, der Kirche oder dem Glauben anfangen können? Sind wir es der Schweiz und der Demokratie nicht schuldig, auch diesen Menschen in der politischen Mitte eine Heimat zu geben?

Mittepolitik
Die Schweiz braucht eine starke politische Mitte! Eine Mitte, welche für das Finden von Kompromissen und Lösungen steht. Eine Mitte, der unsere bekannten und bewährten (christlichen) Werte wichtig sind und ihr Handeln darin begründet. Aber auch eine Mitte, welche alle Menschen anspricht, nicht nur Christen.

Der Name einer Partei definiert nicht deren Parteiprogramm, und auch nicht deren Werte. Er hat aber enorme Signalwirkung und kann Auswirkungen darauf haben, ob sich jemand mit einer Partei identifizieren kann oder nicht. Wegen dem C fühlen sich viele (v.a. Junge) nicht angesprochen oder gar ausgeschlossen. Dies obwohl sie sich mit der vernünftigen Mitte-Politik der CVP identifizieren könnten. Und das darf nicht sein!

Denn ausser unserer Basis, den Delegierten und Amtsträgern der CVP sind auch diese Personen eine wichtige Anspruchsgruppe in der Diskussion um das C. Schlussendlich sind sie die Zukunft unserer Partei und prägen die Politik unserer Heimat.

Eine CVP ohne C
Die Herausforderungen des C sind offensichtlich! Trotz verschiedener Kampagnen, in welchen man als CVP das C neu definieren oder mit Inhalten füllen wollte, ist es seit dem Namenswechsel Anno 1970 nicht gelungen, dem C die Verknüpfung zur katholischen Kirche zu nehmen (oder zu kappen?). Im Sommer 2018 habe ich mich als Kantonalpräsident der JCVP auf die Suche nach Kandidierenden für die Luzerner Kantonsratswahlen 2019 gemacht. Im Nachhinein betrachtet mit mässigem Erfolg. So oft wurde das C im Namen der JCVP als Grund genannt, weshalb man nicht für die JCVP kandidieren wollte. So viele Junge Menschen können sich mit unseren Werten und unserer Art des Politisierens identifizieren, stören sich aber am C. Ein grosses Potential, welches uns aufgrund eines Buchstabens verloren geht. Auch bei den Wählern klang es oft ähnlich: “Klar wähle ich dich! Aber die CVP-Liste kann ich nicht nehmen, ich bin kein Christ.”.

Die abschliessenden Fragen, welche sich stellen lauten: Will man weiterhin eine Milieupartei für Katholiken bleiben und sich auf die Stammlande beschränken? Oder getraut man sich den Schritt hin zu einer allgemeingültigen, vernünftigen und noch immer werteorientierten politischen Kraft in der Schweiz zu machen?

Luzerner Jung-CVP-Präsident: «Es denken nicht alle so, wie Christian Ineichen»

Interview in der Luzerner Zeitung zu meinem Tweet über die Aussagen von CVP Kanton Luzern Präsident Christian Ineichen im CVP Aktuell.

https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/luzerner-jung-cvp-praesident-elias-meier-es-denken-nicht-alle-so-wie-christian-ineichen-ld.1117870

CVP-Präsident Christian Ineichen soll sich nach seinem Angriff auf SP, Grüne und GLP entschuldigen. Das verlangt JCVP-Präsident Elias Meier aus Oberkirch auf Twitter. Ineichen wirft der SP «Verschlagenheit» vor, und Grüne sowie GLP hätten ihre Wahlsiege «ohne Leistungsausweis» geholt (wir berichteten). Der 28-jährige Meier ist Teamleiter Informatik bei der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees und präsidiert die Jungpartei seit 2017. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

Was stört Sie an den Aussagen von Christian Ineichen?

Elias Meier: Statt andere schlecht zu machen, sollten wir uns auf uns selber fokussieren. Und mich stört die Tonalität. Ich bin überzeugt davon, dass unsere Wähler von uns einen anständigen und respektvollen Umgang erwarten, auch mit den politischen Gegnern. Viele in der SP sehen sich nicht als Sozialisten, wie die Sozialdemokraten von Christian Ineichen wiederholt bezeichnet werden.

Sie kritisieren neben dem Stil auch den Inhalt.

Ja. Den Grünen und Grünliberalen jeglichen Leistungsausweis abzusprechen, ist falsch.

Wie lautet denn Ihre Analyse der Kantonsratswahlen?

Der Verlust von vier Parlamentssitzen ist ärgerlich, auch wenn es teils Restmandate waren, die leicht verloren gehen. Insofern ist unsere Bilanz besser, als sie aussieht. Erfreulich war zudem das sehr gute Abschneiden der JCVP.

Fakt ist, dass die CVP vor allem in der Stadt und Agglomeration verloren hat.

Das ist leider so. Wir haben es verpasst, besser auf unsere eigenen Themen aufmerksam zu machen. Umweltpolitik etwa hat bei uns schon lange grosses Gewicht, auch mit sozialen Fragen beschäftigen wir uns intensiv. Da müssen wir uns stärker positionieren. Und wir haben es im Gegensatz zu den linken Parteien nicht ganz so gut geschafft, zu mobilisieren.

Fordern Sie neben einer Entschuldigung auch den Rücktritt von Christian Ineichen?

Nein. Ich stelle seine Präsidentschaft nicht in Frage. Er macht vieles gut. Aber wenn man etwas Unanständiges macht, sollte man sich auch entschuldigen.

Die CVP hat für den zweiten Wahlgang der Regierungsratswahlen Stimmfreigabe beschlossen, die JCVP steht für die Konkordanz und hat eine eigene Liste mit Korintha Bärtsch und Paul Winiker eingereicht. Ist die Stimmfreigabe für Sie nachvollziehbar?

Auf jeden Fall. Wir haben unsere Ziele mit der Wahl von Guido Graf und Reto Wyss im ersten Wahlgang erreicht und haben keine Verantwortung mehr wahrzunehmen. Auch die eigene Liste der JCVP ist legitim. Sie hat in einer derart grossen Partei, wo ganz viele Meinungen vorhanden sind, problemlos Platz.

Angenommen, einer der beiden CVP-Regierungsräte tritt während der Legislatur zurück: Hat die CVP mit einem Wähleranteil von 27,5 Prozent noch Anspruch auf zwei Sitze?

Ich finde schon. Der Abstand zu SVP und FDP ist ja sogar grösser geworden. Ich glaube auch, dass wir den zweiten Sitz bei einem Angriff der Linken verteidigen können.

Sollte die CVP in einem solchen Fall mit einer Frau antreten?

Das wäre angebracht. Aber das hängt natürlich von ganz vielen Faktoren ab. Und es braucht vor allem eine Kandidatin, die dieses Amt auch anstrebt.

Im Herbst wird die CVP bei den Ständeratswahlen auf die Hilfe der Linken angewiesen sein. Schaden da Angriffe wie jener von Christian Ineichen der CVP-Ständeratskandidatin Andrea Gmür?

Ich traue den linken Parteien zu, dass sie differenzieren können. Genau darum habe ich ja getwittert: Es denken nicht alle in der CVP so, wie unser Präsident.

Leserbrief: Besser wäre eine ganzheitliche Betrachtung

«Ehe von BDP und CVP wird geschieden», Ausgabe vom 10. Januar

Eine Vorschau auf Kantons- und Nationalratswahlen, die 2019 im Kanton Luzern stattfinden, ist immer interessant. Doch hier macht schon der Titel stutzig. Anstatt einer objektiven und ganzheitlichen Betrachtung der verschiedenen Möglichkeiten und Listenstrategien aller Parteien erhält man die wechselhafte Wahlkampfstrategie der BDP Kanton Luzern aufgedrückt. Die BDP erhielt bei den Kantonsratswahlen 2015 lediglich 0,88 Prozent der Stimmen, bei den Nationalratswahlen 2015 deren 1,4 Prozent. In Nebensätzen kommen CVP und SP zu Wort; die SVP und die FDP, immerhin die zweit- und die drittstärkste Partei, werden völlig ausser Acht gelassen.

Ein Artikel auf der Titelseite, der sich praktisch nur um die Pläne der BDP, besser gesagt, diejenigen ihres Präsidenten Dennis Kläfiger, dreht. Betrachtet man die Gesamtsituation in der Luzerner Parteilandschaft, hat die BDP Kanton Luzern mit ihrem Wähleranteil ungefähr denselben Stellenwert wie die Jungen Grünliberalen (JGLP) oder die Junge CVP (JCVP). Die Frage stellt sich mir, weshalb der Inhalt des Artikels nicht die verschiedenen Wahlstrategien der Luzerner Jungparteien behandelt – dies natürlich mit Hinweis auf der Titelseite. Die Relevanz wäre in etwa dieselbe. Vielleicht schreien wir Jungparteien nicht genug, um solch eine Aufmerksamkeit zu erhalten?

Elias Meier, Präsident JCVP Kanton Luzern, Oberkirch

Luzernerzeitung, 15. Januar 2018

http://www.luzernerzeitung.ch/magazin/meinung/leserbriefe_luzern/besser-waere-eine-ganzheitliche-betrachtung;art65423,1181990