Freiwilligenarbeit statt Wahlkampf

Ein Artikel aus dem JCVP Magazin Jmpuls von Elias Meier:
Als die ausserordentliche Lage am 16. März vom Bundesrat verkündet, und damit das Social Distancing etabliert wurde, war ich mitten im Wahlkampf für die Gemeinderatswahlen. Zwar waren meine Flyer bereits verteilt respektive verschickt und die Social Media Kampagne lief. Doch waren noch mehrere Standaktionen im Dorf geplant, welche nun aufgrund des Social Distancing nicht mehr durchgeführt werden konnten.

Während der ersten ausgefallenen Standaktion hatte ich auf einer online Newsplattform über das damals frisch gestartete Projekt www.hilf-jetzt.ch gelesen. Eine Plattform, auf welcher sich verschiedene lokale Gruppen vernetzten, welche in ihrer Region Freiwilligenarbeit für Organisationen sowie besonders gefährdete Personen leisteten. Einkaufshilfen, Kinderbetreuung, Hundesitting, Fahrtendienste und vieles mehr wurde angeboten. Kurzerhand habe ich ebenfalls eine solche Gruppe für Oberkirch aufgemacht: «Oberchöuch höuft».

Innert kürzester Zeit wuchs die Whatsappgruppe auf über 40 Personen. Ich bemerkte, dass diese Personen aus der ganzen Region Sursee stammten. Das Bedürfnis zu helfen war aber offenbar riesig! Mit der Zeit entstanden auch weitere solche Gruppen, beispielsweise in Sempach oder Sursee. Als etwas schwierig gestaltete sich die Aufgabe, die Helfenden den Hilfesuchenden zuzuführen. Ich war der Meinung, dass die Gemeinden hier die Hoheit haben sollten, da diese die bereits bestehenden Angebote wie beispielsweise Mahlzeitendienste, Spitex, Samaritervereine oder Angebote der Kirchen sowie ihre Einwohner bereits kennen. Deshalb kreierte ich kurzerhand die Website www.regionsursee-hilft.ch, welche alle Anlaufstellen für Hilfesuchende sowie Angebote von Helfenden auflisten und so die Freiwilligenarbeit etwas koordinieren sollte. Damit wandte ich mich an alle Gemeinden im Wahlkreis Sursee.

Viele Gemeinden hatten mit ihrem eigenen Führungsstab bereits Bestrebungen für die Koordination der COVID19-Freiwilligenarbeit in ihrem Dorf unternommen und listeten ihre Anlaufstellen und Angebote auf der Website regionsursee-hilft.ch auf. Andere waren froh um Hilfe bei der Koordination und nutzten die auf der Website geschalteten Formulare für Hilfesuchende und Helfende. Von einigen Gemeinden wurden Briefe an die Einwohner «über 65» versandt mit dem Hinweis auf das Freiwilligenangebot. Unter anderem entschied sich die Stadt Sursee, für die Koordination von Hilfsgesuchen und Hilfsangeboten vollständig auf die Website regionsursee-hilft.ch sowie eine eigene Telefonhotline zu setzen. Zwei Mitarbeitenden des Bereichs Gesellschaft der Stadt Sursee unterstütze mich dann auch intensiv bei der Koordination von Hilfsgesuchen und Helfenden.

Das Freiwilligenverzeichnis wuchs täglich an. Und bald kamen auch schon die ersten Anfragen von Hilfesuchenden. So konnten beispielsweise für die Spitex Sursee drei Personen für den Mahlzeitendienst, für den Samariterverein Sursee acht Personen für den SOS-Fahrdienst und mehrere Fahrer für den Mahlzeitendienst des Pflegeheim Feld in Oberkirch vermittelt werden.

Bis heute haben sich über 250 Personen über regionsursee-hilft.ch im Freiwilligenverzeichnis eintragen lassen. Insgesamt konnten fast 60 Freiwillige einer hilfesuchenden Organisation oder Privatperson vermittelt werden. Diese Solidarität ist für mich ein riesen Aufsteller in dieser schwierigen Zeit!

Für mich hat es ausserdem mit der Wahl in den Gemeinderat geklappt – auch ohne Standaktionen. Und die gesparte Zeit war wohl weit besser investiert als wenn ich mit Flyer bewaffnet stundenlang vor dem Spar gestanden hätte.

Zivilschutz statt Kurzarbeit

Ende März entschied sich der Kanton Luzern, im Kantonalen Führungsstab eine zentrale Koordination für die COVID19-Freiwilligenarbeit auf die Beine zu stellen. Da ich bereits einige Erfahrungen bei der Koordination der Freiwilligenarbeit durch regionsursee-hilft.ch gemacht hatte, meldete ich mich beim Kantonalen Führungsstab und bot meine Unterstützung an. Prompt wurde ich vom Zivilschutz aufgeboten um das Büro Freiwilligenarbeit zu unterstützen und bei der Koordination zu helfen.

Ebenfalls ende März meldete mein Arbeitgeber, die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV) AG, Kurzarbeit an und stellte kurz darauf den gesamten Schiffsbetireb ein. Auch die Restaurants unserer Tochtergesellschaft Tavolago AG wurden geschlossen. Lediglich die Tochtergesellschaft Shiptec AG arbeitete normal weiter. Für mich bedeutete die Kurzarbeit, dass ich lediglich noch einen Tag pro Woche vor Ort arbeitete sowie wenn nötig Punktuell aus dem Homeoffice.

Ich bin nicht wirklich ein Fan von Homeoffice, was wohl mitunter an unseren drei sehr lebhaften und lauten Kindern liegen dürfte. So kam mir das Aufgebot des Zivilschutzes nicht ungelegen. Nebst einem Tag bei der Arbeit verbrachte ich drei weitere Tage die Woche im Kantonalen Ausbildungszentrum des Zivilschutzes in Sempach. Dort war ich für die Koordination der Freiwilligen zuständig. Alle Formulareingänge wurden zentral erfasst und verarbeitet. Alle Freiwilligen wurden telefonisch kontaktiert um allfällige Fragen zu klären sowie eine Zuteilung der Freiwilligen in einen Bereich vorzunehmen. Die neu geschaffenen Prozessabläufe zur Koordination der Freiwilligenarbeit wurden kontinuierlich angepasst und verbessert. Ziel war es, für eingehende Hilfsgesuche die bestmöglichen Freiwilligen zu vermitteln.

Auch hier war und ist die Solidarität und das Hilfsbedürfnis riesig. Mich freut das enorm zu sehen, dass die Menschen in der Schweiz in Krisenzeiten für einander einstehen. Auch dass unser Milizsystem so gut funktioniert und Probleme übergeordnet koordiniert, wo möglich aber subsidiär gelöst werden. Echt Schweizerich halt!